Bogoljubov versuchte vergeblich, Aljechin den Weltmeistertitel abzujagen.
Man glaubte, daß Bogoljubov beim zweiten Versuch gute Aussichten hatte, doch noch Weltmeister
zu werden. Warum hat er immer wieder eine auf Gewinn stehende Hängepartie zum Remis
verkorkst? Und warum eine auf Remis stehende Partie verloren? Er hatte oft seelische Komplexe,
die ihn aus dem Tritt brachten. Darum konnte er sich nicht immer voll auf seine Partien
konzentrieren. Jetzt kennen Sie die Ursache, und darum ist der Titel des Bogoljubov-Buches (Reprint)
vom Münster-Verlag (Nürnberg), "Bogoljubovs Agonie", ein schreckliches
Mißverständnis, das ich jetzt als Augen- und Ohrenzeuge nach 51 Jahren richtigstellen
muß.
Denn bis zu seinem Tod 1952 hat Bogoljubov immer wieder schöpferisches Schach gespielt und
große, bleibende Leistungen vollbracht.
Ich selbst habe noch drei Tage vor seinem Tod mit ihm für unseren Verein Freiburg 1887 an
einem Mannschaftskampf teilgenommen. Auf dem Heimweg unterhielt sich Bogoljubov mit mir über
ein sehr ernsthaftes Thema, wie wir es in ähnlicher Weise in unserer 20-jährigen
Bekanntschaft niemals getan haben. Bogoljubov sprach zu mir, als ob er seinen Tod 3 Tage später
schon geahnt hätte - über seine schachliche Unsterblichkeit. Diese sah er nicht etwa
in seinen großen Turniererfolgen und nicht in seinen Büchern, die auch heute noch als
Reprint erscheinen und von Ewigkeitswert sind. Nein! Er sah seine Unsterblichkeit in seinen
Problemschachaufgaben! Viele seiner Probleme sind unter anderem auch in der Schweiz erschienen.
Das Komponieren seines letzten Problems habe ich in allen Stadien miterlebt. Erst nach wochenlangem
Feilen hatte es die ihm vorschwebende Letztform erreicht. Ich habe Bogoljubov beim letzten Turnier
in Wangen Ostern 1951 gebeten, dieses Problem auf einem Schachbrett aufzubauen und zu photographieren.
1956 habe ich dieses Problem 1957 zu seinem 5. Todestag in meiner Blackmar-Gemeinde veröffentlicht,
das er seiner Zeit unserem Vereinsvorsitzenden Friedrich A. Stock gewidmet hatte.
Diese Geschichte habe ich bei einer Totenehrung durch die Turnierteilnehmer des EVA-Turniers in
Königsfeld an dem Grabe erzählt. Ich weiß durch den Schwiegersohn Bogoljubovs,
daß der schachliche Nachlaß vollständig vorhanden ist und sich im Besitz seiner
zweiten Tochter Tamara befindet. Ich habe mich telefonisch mit ihr unterhalten, und sie hatte mir
zugesichert, daß nur ich diesen Nachlaß zur Auswertung ausgehändigt bekomme.
Ich hoffe nur, daß das noch rechtzeitig zu seinem Todestag im kommenden Jahre geschieht.
Aus diesem Anlaß wird in Triberg (Bogoljubovs Wohnort - Anm. d. A.)
ein großes internationales Gedenkturnier stattfinden, und Rudi Schmaus /Heidelberg wird
ein Buch mit 200 Partien verlegen, das im Augenblick Walter Haas /Villingen ins Deutsche
übesetzt.
E. J. Diemer
(Orthographie angepaßt, Stilistik und Formatierung entsprechen der Quelle - Anm. d. A.)