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Alle Rechte vorbehalten. Rev. 1.0 - 30.10.2002 Der WM-Kampf Euwe - Aljechin... und Interna aus Aljechins LebenDer WM-Kampf 1935 war eine schwere Niederlage für Aljechin.
Es wurde bekannt, daß Euwe ununterbrochen das Zimmer verlassen mußte, weil er ganz einfach nicht mehr den Alkoholgeruch ertragen konnte. Es geschah noch Schlimmeres. Aljechin warf ständig die Figuren vom Tisch, so zitterte er an Händen und Füßen. Der Eindruck in der holländischen Öffentlichkeit war niederschmetternd. Es wurde ihm mit Ermordung gedroht, wenn er etwa die letzte Partie gewinnen sollte. Euwe schlug vor, die letzte Partie im Ausland zu spielen. Die Organisatoren taten das einzig Richtige, eine achttägige Pause einzulegen, um die Gemüter zu beruhigen, was auch glückte. Für die letzte Partie wurde der größte Saal in Amsterdam gemietet. 5.000 Menschen konnten die Partie verfolgen. Der Saal mußte polizeilich geschlossen werden. Es gibt ein berühmtes Bild: Vor diesem großen Saal steht ein Polizist, der den Eintritt verwehrt, über sich einen Regenschirm, ausnahmsweise schneite es. Zudem hat er ein Steckschach in der Hand, um die Partie zu verfolgen. Aljechin kam im Frack. Als Gentleman hat er die bitterste Stunde seines Lebens erlebt. Am nächsten Tag besuchte ich Euwe in seiner Wohnung, um ihm persönlich zungratulieren. Gleichzeitig mit mir kam eine Delegation der Amsterdamer Bäckerinnung und brachte ihm eine große Weltmeistertorte. Frau Euwe gab mir das erste Stück davon, so eng befreundet war ich mit der Familie Euwe. Nach dieser eklatanten Niederlage brachte es der große Mensch Aljechin fertig, den größten Sieg seiner Laufbahn zu erringen, nämlich den Sieg über sich selbst! Nach den Exzessen brachte er die ungeheure Willenskraft auf, sich den Alkohol total abzugewöhnen, und niemals mehr ist er rückfällig geworden! 1936 fand die erste große Begegnung zwischen Keres und Aljechin in Bad Nauheim statt. Bei Abbruch dieser Partie hatte Keres eine Qualität mehr. Daß diese Partie am anderen Tag kampflos remis gegeben wurde, konnte ich nicht vorausahnen, sodaß ich meinen Bericht "Die Jugend siegt über das Alter" an die Presse gab. Als die Bescherung zu Tage trat, sagte der Schiedsrichter: "Um Gottes Willen, was haben Sie angestellt?!"
Übrigens ist an dieser Stelle zu erwähnen, daß sowohl Aljechin als auch Bogoljubov große russische Patrioten waren, was aus zwei Erlebnissen hervorgeht. Aljechin wurde auf Ehrenwort entlassen, sich nur als Sanitäter zu betätigen. Aber als großer Patriot und tapferer Offizier hat er den Krieg an der Front mitgemachht. Bogoljubov war ebenfalls ein großer Patriot, das ergibt sich zweifellos aus einer Unterhaltung, als ich von ihm erfahren wollte, welches der Unterschied zwischen der ukrainischen und großrussischen Sprache sei. Er erklärte mir den Unterschied auf sehr spaßige und ernst-eindringliche Weise: "Die einen sagen Wurst, die anderen Worscht!"... E. J. Diemer (Orthographie angepaßt, Stilistik und Formatierung entsprechen der Quelle, Bilder beigefügt - Anm. d. A.) Ergänzung d. A.: Großmeister Salo (Salomon Michailowich) Flohr, nicht nur Zeitgenosse, sondern auch Freund Aljechins, äußerte sich zu Aljechins vorgeblichen Alkoholproblemen gegenteilig, bestritt vielmehr ausdrücklich, daß Aljechin im WM-Kampf gegen Euwe jemals betrunken war...
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