Diemers Spielstärke

Alle Rechte vorbehalten. Rev. 1.0 - 05.11.2001
Rev. 1.1 - 04.12.2001
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Wie stark spielte Emil Josef Diemer?

Betrachtungen von Stefan Bücker

Es ist nicht leicht, sich von der Spielstärke Emil Josef Diemers ein Bild zu machen. In Datenbanken findet man von ihm überwiegend Fernschachsiege gegen schwächere Gegner, die wenig aussagekräftig sind. Aus der Zeit seiner größten Spielstärke von 1950-1956 liegen dagegen nur ein paar Dutzend Turnierpartien vor.

Laut R. Schwind (Europa-Rochade 12/1977) besaß Diemer in jener Zeit eine Ingo-Zahl um die 60, was einer heutigen Elo-Zahl oder DWZ von 2360 entspricht.
Dr. Cherubim stufte laut [1] die Spielstärke Diemers im Jahre 1956 etwas höher ein als die eigene, ungefähr bei Ingo 55 (= heute Elo 2400).

Um einen Eindruck zu vermitteln, zeigen wir drei Turnierpartien, welche Diemer mit dem BDG gegen Spieler von Meisterstärke bestritt.

Diemer - Geza Füster (IM 1969), Beverwijk 1958
1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 Sf6 4. f3 exf3 5. Sxf3 g6 6. Lc4 Lg7 7. 0-0 0-0 8. De1 b6 9. Dh4 Lg4!? [2] enthält nur eine Partie mit 9...La6. 10. Le3 Lxf3 11. Txf3 Sbd7 12. Taf1 c5 13. Th3 (Oder 13. Se4 Tc8 14. Lh6 cxd4 15. Lb3 Tc5, [0:1, 40], R. Smook - Füster, Kanada 1972) 13...h5

Eliskases meinte: "Ich bekomme nie solche Stellungen." So berichtet Diemer [3], S. 65, der es als Kompliment für seine "enorme Angriffsstellung" (Diemer) auffaßte. 14. Thf3 "Hier dachte ich erstmals etwas länger als eine halbe Stunde nach, während mein Gegner nur noch 38 Minuten für 27 Züge hatte. Und fand doch nicht den ´Zug der Züge´, obwohl ich auch diesen Zug in Erwägung gezogen hatte, nämlich mit 14. Le2 und 15. g4 weiter anzugreifen!" (Diemer).

Eine Analyse zeigt aber, dass 14. Le2 cxd4 für Schwarz vorteilhaft war: 15. Lxd4 (15. g4? dxe3 16. gxh5 scheitert an 16...Sxh5 17. Lxh5 e6 -+) 15...e5 16. Le3 Sh7 17. Dg3 Sdf6! 18. Kh1 Dd7. 14...Tc8 15. La6 Sg4 16. Sd5 Sdf6 17. Sxf6+ (17. Sxe7+ Dxe7 18. Lg5 Tc6 19. h3, Diemer) 17...Lxf6 18. Lg5 Dxd4 19. Kh1 Tcd8 20. Lxf6 Sxf6 21. Tf4 Dxb2 22. Dg5 Td5 23. Dg3 Kg7 24. c3 Tdd8 25. Df3 Td6 26. h3 Dc2, und Weiss gab auf.

Diemer - Matthias Gerusel (Vize-Jugend-Weltmeister 1957; IM seit 1968), Beverwijk 1961
1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 Sf6 4. f3 Lf5 5. fxe4 Sxe4 6. Df3 Sd6 7. Lf4 Dc8 8. Lxd6 cxd6 9. Lb5 Ld7 10. Sge2 Lxb5 11. Sxb5 Sd7. Ein logischer Zug, der aber in [2] fehlt. 12. 0-0 Sf6

13. g4?. So geht es nicht. Auf der Suche nach einer Verbesserung fiel mir dieses Opfer ein: 13. Tae1 a6 14. Sxd6+!? exd6 15. Sg3+ Kd8 16. Sh5. Ist das zur Not spielbar? Aber vermutlich erzielt auch 14. Sbc3 genug Ersatz. 13...h6 14. h4 a6 15. g5 hxg5 16. hxg5 axb5 17. gxf6 gxf6 18. Sc3 Ta5, und Weiß gab auf.

Diemer - IM Ernö Gereben, Zwolle 1959
1. d4 d5 2. e4 dxe4 3. Sc3 Sf6 4. f3 exf3 5. Sxf3 Lg4 6. h3 Lxf3 7. Dxf3 c6 8. Le3 e6 9. Ld3 Sbd7 10. 0-0 Le7 11. Tf2 0-0 12. Taf1 Da5 13. g4 h6. Recht gut, obwohl [2] etwas anderes vorzieht: 13...Sd5 14. De4 g6 15. Lh6 Sxc3 16. bxc3 Dxa2. Jetzt rät [2] zu 17. Lxf8 Txf8 18. h4!? Lxh4 mit weißem Angriff. 18...Dd5! ist genauer. 14. h4 c5 15. g5 hxg5 16. hxg5 cxd4

17. Dh3. Spekuliert auf die gegnerische Zeitnot und behält sogar recht. 17. Lxd4 Dxg5+ 18. Kh1 Dh4+ 19. Th2 Dxd4 20. Dh3 +- ist Diemers Verstärkung [2]. Schwarz zieht aber 18...Dh5+! 19. Dxh5 Sxh5. 17...dxe3 18. Tg2 Tfc8 19. gxf6 Sxf6?. Zeitnotfehler; 19...Lxf6 -+. 20. Dh6 g6 21. Lxg6, und Schwarz gab auf.

So haben wir immerhin drei Partien gefunden. Schade nur, daß in [1], S. 160 dieser Satz Diemers steht:
"Ich konnte dort (1959 - Anm. d.A.) schon nicht mehr richtig Schach spielen."

Stefan Bücker

[1] G. Studier: Emil Joseph Diemer, Dresden, 1996
[2] G. Lane: Blackmar-Diemer Gambit, London 1995
[3] A. Freidl: Das moderne Blackmar-Diemer-Gambit, Bd. 4, Heidelberg, 1983

(Stilistik der Quelle belassen, Foto beigefügt - Anm. d. A.)

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