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In memoriam Emil-Josef Diemer

Ein Nachruf von Jürgen Gegner

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Am Mittwoch, dem 10.10.1990, verstarb in Fußbach der international bekannte und beliebte Schachtheoretiker, Journalist und Turnierspieler Emil-Josef Diemer im Alter von 82 Jahren. Mit Meister Diemer, dessen von Euwe nach ihm benanntes Blackmar-Diemer-Gambit besonders in deutschen und nordamerikanischen Schachkreisen große Verbreitung gefunden hat, verliert das deutsche Schach eine seiner bedeutendsten Persönlichkeiten. Sein Ableben traf selbst die engsten Freunde und Weggefährten völlig unerwartet, schien er doch, von einem schlimmen Augenleiden abgesehen, bei guter Gesundheit. Wir trauern um einen Menschen, der es wie kaum ein anderer verstanden hat, mit der ihm eigenen Begeisterung vor allem auch die Jugend für das Schach zu gewinnen; für "sein" Schach, bei dem Schönheit und Kombination mehr zählt als trockenes Positionsspiel.

Die EUROPA-ROCHADE war mit Emil-Josef Diemer stets freundschaftlich verbunden. Seiner Lehre und seinem Gambit wurde immer der gebührende Raum zuteil. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Wir alle werden ihm ein bleibendes ehrendes Andenken bewahren. Es mag uns ein wenig trösten, daß er, der er Zeit seines Lebens ein deutscher Patriot war, noch kurz vor seinem Tode die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes erleben durfte.
Emil-Josef Diemer wurde am 15. Mai 1908 geboren. Das Schachspiel erlernte er als neunjähriger in Rastatt. Zehn Jahre später nahm er an seinem ersten größeren Turnier teil. Schon 1931 begann er mit der Erforschung des Blackmar-Gambits, das er schließlich entscheidend verbessern konnte. Seine Eröffnung gilt heute als eine der aussichtsreichsten Waffen für Taktiker und Angriffsspieler. Zunächst schlug er ab 1936 eine Karriere als Schachreporter ein. Sein Bericht vom AVRO-Achtkampf 1938 zählt zu den klassischen Werken dieser Zeit.

Als Turnierpraktiker konnte Diemer in den fünfziger Jahren seine größten Erfolge feiern. Er gewinnt das "Schweizer Nationalturnier" 1952 in Zürich, wird badischer Pokalsieger 1953 in Karlsruhe und siegt in der Meisterklasse des 18. Hochofen-Turniers 1956 im holländischen Bewerwijk. In diesem Jahr triumphiert er auch bei der "Offenen Schachmeisterschaft der Niederlande" in Kampen.
Zwischen 1955 und 1960 hielt Diemer viele Vorträge, um seine Eröffnung einem breiten Publikum vorzustellen. Er erzielte hervorragende Ergebnisse bei Handicap-Simultanveranstaltungen und im Fernschach. Nach einer neunjährigen Pause begann er 1972 erneut mit dem Turnierspiel und setzte auch die Analyse seines Blackmar-Diemer-Gambits fort, wobei ihm wieder sein früherer Schüler und langjähriger Freund Georg Studier zur Seite stand. Noch in den achtziger Jahren spielte Diemer erfolgreich am Spitzenbrett der 1. Mannschaft des SC Umkirch 1969 in der badischen Landesliga.

Die folgende Partie, die Diemer selbst als opfer- und kombinationsreichste Auseinandersetzung seines Lebens bezeichnete (und das heißt nun wirklich etwas!), gibt uns einen schönen Einblick in den Stil des romantischen Angriffsschachs, dem sich unser Altmeister mit seiner ganzen Schaffenskraft verschrieben hatte. Sie wurde am 25.06.1955 in Rastatt gespielt:


Georg Studier            E.-J. Diemer
Kommentar: Diemer/ Studier

Sizilianische Verteidigung

    1.Sf3 c5 2.e4 Sc6 3.d4 cd4: 4.Sd4: g6 5.Le3 Lg7 6.Sc3 Sh6!? (Diemers Spezialvariante im Sizilianer!)
    7.Le2 O-O 8.Dd2 Sd4: 9.Ld4: f6 10.Le3 Sf7 11.Lc4 e6 12.f4 Dc7 13.Lb3 a6 14.Tad1 b5 15.O-O Tb8 16.f5 g5 17.h4! h6 18.De2 Dc6 19.hg5: hg5: Dh5 b4


-------------------
|-rb+-rk+|
|+-+p+nb-|
|p+q+pp-+|
|+-+-+PpQ|
|-p-+P+-+|
|+BN-B-+-|
|PPP+-+P+|
|+-+R+RK-|
-------------------




21.Sd5! ... (Ein energisches und völlig korrektes Opfer.)
21... ed5: 22.Ld5: Dc7 23.Tf3 d6 24.Th3 Tfe8 25.Lg5:! fg5:
26.Dh7+ ...
(Hier hätte Studier sein phantastisches Opferspiel krönen können: 26.Dg6! Kf8 27.f6 Se5 28.Th8+! Lh8: 29.Dg8 matt. Nach 26... De7 gewinnt leicht 27.Th7 Df6 28.Tg7:+! im Endspiel.)
26... Kf8 27.f6 Lf6: 28.Tf3 Te6! (Nun diktiert Diemer das Geschehen!) 29.Le6: Dc5+ 30.Kh1 Le6: 31.Tf6: Ke7 32.Tdf1 Tf8 33.T1f2 De5 34.Kg1 Db2: 35.Dg6 Da1+ 36.Tf1 Dd4+ 37.T1f2 Lc4! 38.Dg7 Dd1+ 39.Kh2 ...












39... Dh5+ (Und hier läßt Diemer den Gewinn aus: 39... Th8+! 40.Kg3 Dh5! 41.Tf7:+ Lf7: 42.Tf7:+ Df7: 43.Dh8: Df4+ 44.Kh3 g4+ 45.Kh4 Dh2+)
40.Kg1 La2: 41.Th6! Dd1+ 42.Kh2 Ke8 43.e5 De1! (Nicht 43... de5: 44.Tf7:!) 44.Tf7:! ... (Studier ergreift seine einzige Chance!) 44... Tf7: 45.Dg8+ Tf8 46.Te6+ ... (Kommt Weiß jetzt nicht zum Dauerschach?)
-------------------
|-+-+-r-+|
|+-+-knQ-|
|p+-p-R-+|
|+-+-+-p-|
|-pb+P+-+|
|+-+-+-+-|
|P+P+-RPK|
|+-+q+-+-|
-------------------



-------------------
|-+-+krQ+|
|+-+-+-+-|
|p+-pR+-+|
|+-+-P-p-|
|-p-+-+-+|
|+-+-+-+-|
|b+P+-+PK|
|+-+-q-+-|
-------------------






46... Kd7! 47.Df8: (Nach dem letzten Schlag resigniert Weiß. Er hätte sich noch zeigen lassen können, daß 47.Td6:+! Kc7 48.Dg7+ Tf7 49.Dh8 Dh4+ 50.Dh4: gh4: 51.Ta6: ... nur nach feinem Spiel für Schwarz gewonnen wäre: 51... Tf2! 52.Ta4 Le6! 53.Kg1! Tf4 54.c3 Kc6! 55.Tb4: Tb4: 56.cb4: Kd5 57.Kf2 Ke5: 58.Kf3 Kf5 usw.)
47... Dh4+ 48.Kg1 Dd4+ und Weiß gab auf, denn er bleibt nach 49... Le6: mit einer Figur im Rückstand.




Jürgen Gegner


(Orthographie und Grammatik - falsche Zeitformen - korrigiert, Stilistik der Quelle belassen - Anm. d. A.)

Ergänzungen d. A.:
  1. Ein würdigender Nachruf sollte auch die richtige Schreibweise des Namens respektieren; richtig ist nur
    "Emil Joseph Diemer" - kein "f", kein Gedankenstrich (gemäß Auskunft des Standesamtes Radolfzell).
  2. Die "Erforschung des Blackmar-Gambits" kann man sicherlich erst auf Anfang der fünfziger Jahre datieren; in 1931 ist lediglich Diemers erste (einzige?!) Partie mit einem Blackmar-Gambit durch Zugumstellung nachgewiesen!
  3. Diemers Laufbahn als Schachreporter im Deutschen Reich begann bereits 1934 anläßlich des WM-Kampfes Aljechin - Bogoljubov
  4. Die Beschreibung als "Turnierpraktiker" ist unzureichend - Diemer war seit etwa 1931 schlichtweg ein Berufsschachspieler!
  5. Beim 18. Hochofenturnier in Beverwijk vom 05. - 15.01.1956 spielte und siegte Diemer im ersten Reserveturnier.

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