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  15.04.2005
  http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/0,1872,2287289,00.html
  aspekte
 
 
 
"Privatsphäre ist wie Sauerstoff"
 
Wie die Überwachung immer weiter fortschreitet
 
Das Szenario: Statt Privatsphäre herrscht zukünftig ein Klima unterschwelliger Angst, wie Pär Ström auf Basis seiner Erfahrungen befürchtet.
 
Gerald Giesecke
 
 
   "Wir laufen Gefahr, ein Leben zu führen, in dem wir stets verängstigt sind, uns ständig selbst kontrollieren, ob unser Verhalten möglicherweise verdächtig wirken könnte. Die Menschen werden sich fragen: 'Wird es für meine Zukunft Konsequenzen haben, wenn ich zum Beispiel ein bestimmtes Buch kaufe, in einer bestimmten Gegend unterwegs bin, eine politische Website besuche und so weiter?' Das wird alle Menschen ängstlich machen."
 
   Überwachung überall
     Trotzdem: Zunehmende Überwachung scheint unaufhaltsam. Bald bekommen unsere Reisepässe unsere persönlichen Daten im Speicherchip miteingebaut. Und selbst der Weg eines jeden Geldscheins wird auf diese Weise bald nachvollziehbar.
 
   
Chip einpflanzen
     Was wäre dann der nächste Schritt? Warum beim Menschen halt machen? Schon heute ist es möglich, auch Menschen einen Chip einzupflanzen, der Reisepass wird dann natürlich überflüssig. Jeder Mensch wird zum Sender, per GPS und durch verwandte Technologien ständig auffindbar. All das in der Hoffnung, totale Sicherheit zu schaffen. Eine Illusion?
 
   Trotz aller möglicher Erfolge in der Kriminalitätsbekämpfung - Pär Ström fragt sich etwas ganz anderes: "Wir könnten tatsächlich eine Gesellschaft schaffen, in der zumindest die kleinen Vergehen weitgehend verhindert oder aber automatisch bestraft werden. Aber ist das wirklich das, was wir wollen? Wo bleibt da eigentlich die Menschenwürde? Gehört zu unserem Leben nicht die Freiheit, Fehler zu machen, daraus zu lernen und dann vielleicht dafür bestraft zu werden?"
 
   "Einspruch nicht gestattet"
     Moment mal: "Wir könnten tatsächlich eine Gesellschaft schaffen, in der zumindest die kleinen Vergehen weitgehend verhindert oder aber automatisch bestraft werden?"
 
   Hier ein Beispiel aus der nahen Zukunft, die entsprechende Technologie ist bereits im Prototyp verfügbar: Alle Autos haben zukünftig eine kleine Box eingebaut. Standort und Fahrverhalten werden mit ihrer Hilfe permanent aufgezeichnet und übermittelt. Raser werden so zum Beispiel automatisch zur Kasse gebeten, "Einspruch nicht gestattet" steht lediglich auf der Mitteilung im heimischen Briefkasten. Und an dem entlädt sich denn auch der Zorn - wo auch sonst? Denn aufgrund des automatisierten Vorgangs ist es kaum mehr möglich, einen persönlichen "Sachbearbeiter" zu identifizieren.
 
   
"Dann ist es zu spät"
     Und wenn der genervte Autofahrer Pech hat, geht der Ärger gleich weiter - dann nämlich, wenn die Überwachungskamera im Treppenhaus seinen tätlichen Ausbruch am Briefkasten registriert, ihn per Gesichtserkennung identifiziert und gleich einen weitere Geldstrafe berechnet - wegen Sachbeschädigung.
 
   "Privatsphäre ist wie Sauerstoff", meint Pär Ström, "erst wenn er weg ist, bemerken wir, dass er fehlt. Aber dann ist es zu spät." Dann bleibt uns vor lauter Sicherheit die Luft weg.
 
   
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